Auswirkungen auf die Finanzierung
21.04.2008 | 08:16 Uhr
Bankenkrise im Mittelstand angekommen
Die mittelständische Wirtschaft in Deutschland spürt die Auswirkungen der
internationalen Finanzmarktkrise. Eine aktuelle Befragung der Creditreform
Wirtschaftsforschung unter mehr als 4.000 kleinen und mittleren Unternehmen zeigt: Die
Finanzierungsmöglichkeiten der Unternehmen werden durch die Bankenkrise
beeinträchtigt. Ein Drittel (32,5 Prozent) der von Creditreform befragten
Unternehmen gibt an, dass der Zugang zu Finanzmitteln seit dem vergangenen
Herbst schwieriger oder sogar deutlich schwieriger geworden ist.
Betroffen sind hiervon insbesondere Betriebe, die über eine schwache
Eigenkapitalausstattung verfügen, sowie Kleinunternehmen mit maximal zehn
Mitarbeitern. Bis zu 42 Prozent dieser Unternehmen haben infolge der Finanzkrise
Probleme bei der Unternehmensfinanzierung. Bei nicht wenigen dieser
Mittelständler ist das Tor zur Kreditfinanzierung vorerst zugeschlagen.
Höhere Zinsen und mehr Sicherheiten
Es sind vor allem zwei Punkte, die den kleinen Unternehmen Bauchschmerzen
bereiten: Zum einen spüren die Betriebe ein Anziehen der Kreditzinsen, zum
anderen verlangen die Banken höhere Sicherheiten für die Gewährung eines
Darlehens. 23 Prozent der Unternehmen berichten, dass ihr Kreditinstitut
mittlerweile höhere Zinsen in Rechnung stellt. Nicht zuletzt dürfte dabei eine
Rolle spielen, dass die Banken ihre Kunden verstärkt auf die Bonität hin
abklopfen und für höhere Risiken höhere Kreditzinsen fällig werden. Die
verstärkten Anforderungen bei der Bestellung von Sicherheiten werden für rund 16
Prozent der kleinen und mittleren Betriebe zunehmend zur Belastungsprobe, um
überhaupt einen Kredit zu erhalten.
Betriebe befürchten härtere Finanzierungsbedingungen
Auf die mittelständischen Betriebe kommen in den nächsten Monaten weitere
Verschärfungen zu. 23,6 Prozent der Unternehmen planen innerhalb der kommenden
sechs Monate die Aufnahme von Fremdkapital. Fast zwei Drittel von ihnen (63
Prozent) rechnen dabei mit ernsthaften Schwierigkeiten. Jeder dritte Betrieb
erwartet anziehende Zinsen. Vier von zehn Unternehmen gehen davon aus, dass die
Banken den Darlehenswunsch intensiver prüfen als früher und auch höhere
Sicherheiten für die Bereitstellung des Kredits verlangen.
Wenn aber die Banken ihre Kreditengagements einschränken, trifft das
letztlich die Investitionsabsichten und Finanzierungsmöglichkeiten der Unternehmen - hier vor allem der
kleinen und mittleren Betriebe. Ganze 21 Prozent der Firmeninhaber gehen davon
aus, dass sie ihren Kreditwunsch nicht oder zumindest nicht in der angeforderten
Höhe erfüllt bekommen. Droht uns eine Kreditklemme?
Einige Finanzmarktexperten unken bereits, dass die aktuellen Schwierigkeiten
an den Finanzmärkten, die damit verteuerte Refinanzierung und der
Abschreibungsbedarf der Banken zu einer generellen Verknappung des
Kreditangebots führen könnten. Dadurch würden die Investitionen der Unternehmen
- und der private Verbrauch - gebremst. Im Extremfall drohe sogar eine
Abwärtsspirale: Über das auf diese Weise gedämpfte Wirtschaftswachstum würden
die Kreditausfallraten weiter steigen, was in einer zusätzlichen Verschärfung
der Kreditkonditionen der Banken münden könnte.
Warnungen vor einer "Kreditklemme" hält Prof. Dr. Manfred Weber,
Geschäftsführender Vorstand des Bankenverbandes, dennoch für unbegründet: "Die
Bonität der Kreditkunden hat sich durch die Restrukturierung ihrer Bilanzen in
den vergangenen Jahren und die positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung
deutlich verbessert. Außerdem erwarte ich eher einen noch intensiveren
Wettbewerb zwischen den Banken im Kreditgeschäft als eine Einschränkung der
Kreditvergabe. Das nutzt den Kreditkunden. Für eine Kreditklemme gibt es
keinerlei Anhaltspunkte."
Ins gleiche Horn bläst auch Dr. Kurt Demmer, Chefvolkswirt der IKB Deutsche
Industriebank AG und Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschafts- und
Währungspolitik des Bundesverbandes deutscher Banken: "Aus unserer Sicht sind
diese Befürchtungen unbegründet. Die Entwicklung des Kreditvolumens ist bis
zuletzt deutlich aufwärtsgerichtet." In Deutschland seien die Kreditbestände
zwischen 2001 und 2005 zurückgegangen, im vergangenen Jahr wurden die Kredite an
Unternehmen und Selbstständige jedoch wieder um 6,3 Prozent ausgeweitet.
"Die jüngsten Zahlen für Januar zeigen eine weitere Beschleunigung an", so
Demmer. Zudem hätten sich im Euro-Raum die Renditen von Unternehmen mit schwächerer Bonität
deutlich erhöht. "Bei den Zinsen für Bankkredite in Deutschland zeigt sich das
aber nicht. Etwas ungünstiger sind lediglich die Zinsen für Kredite mit
variabler Verzinsung geworden. Das ist die unmittelbare Folge der Verspannungen
am Geldmarkt."
Für Festzinskredite an nicht finanzielle Unternehmen hätten sich die Zinsen
seit Mitte 2007 nur wenig erhöht, zum Teil seien sie sogar gesunken. Demmer
räumt allerdings auch ein, dass die Kreditvergabestandards für Deutschland
"etwas angezogen" wurden: "Dies ist aber erstens vor dem Hintergrund der
vorangegangenen über dreijährigen Lockerung zu sehen. Zweitens ist die leichte
Verschärfung erkennbar schwächer ausgefallen als im gesamten Euro-Raum, und
drittens betrifft sie nicht den Mittelstand, sondern überwiegend
Investoren mit großvolumigen Krediten." Theoretische Aussagen, die im krassen
Gegensatz zur Realität der Firmeninhaber und Kreditinteressenten stehen.
Eigenkapitalquote schrumpft
Die Situation der Unternehmer wird noch durch eine weitere negative
Entwicklung verschärft. Selbst im Boomjahr 2007 gelang es dem Mittelstand in
Deutschland nicht, ausreichend Eigenkapital aufzubauen. Aktuell weisen die
Angaben sogar auf weitere Verschlechterungen hin. So verfügt ein knappes Drittel
(30,3 Prozent; Vorjahr: 31,6 Prozent) der befragten Unternehmen über weniger als
zehn Prozent haftendes Eigenkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme und ist damit
unterkapitalisiert. Über eine ausreichende Kapitaldecke von mehr als 30 Prozent
verfügen gerade einmal 23,9 Prozent der Firmen. Das sind 1,1 Prozentpunkte
weniger als im Vorjahr.
Wie wichtig eine solide Eigenkapitaldecke ist, verdeutlichen folgende Zahlen:
Während lediglich 22,4 Prozent der Unternehmen, die über mehr als 30 Prozent
Eigenkapital verfügen, angaben, Schwierigkeiten beim Zugang zu Finanzmitteln
gehabt zu haben, sind es bei Betrieben, die mit weniger als zehn Prozent
Eigenkapital ausgestattet sind, fast doppelt so viele, nämlich 41,8 Prozent. (mf)
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Autor: CW
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